Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Ein Unterbiss entsteht, wenn der Unterkiefer zu weit nach vorn steht und die unteren Schneidezähne vor den oberen liegen.
  • Hauptursachen sind genetische Faktoren, falsche Zungenlage, frühzeitiger Milchzahnverlust oder gestörte Nasenatmung im Kindesalter.
  • Unbehandelter Unterbiss führt häufig zu Kiefergelenksproblemen, Kau- und Sprachstörungen sowie erhöhtem Zahnverschleiß.
  • Eine kieferorthopädische Behandlung dauert meist zwei bis drei Jahre und wird bei Kindern häufig von der Krankenkasse übernommen.

Viele Menschen kennen den Begriff, doch nur wenige wissen genau, was dahintersteckt. Ein Unterbiss kann sich unterschiedlich zeigen und hat oft mehr Einfluss, als man denkt. Erfahren Sie in diesem Artikel, was ein Unterbiss genau ist, welche Ursachen dahinterstecken und welche Möglichkeiten es gibt, ihn zu behandeln.

Was ist ein Unterbiss: Definition und Abgrenzung

Von einem Unterbiss sprechen Zahnärzte, wenn die unteren Schneidezähne beim Zusammenbeißen deutlich vor den oberen stehen. Der Unterkiefer ist dabei gegenüber dem Oberkiefer zu weit nach vorn verlagert. In der medizinischen Fachsprache wird diese Kieferfehlstellung als Progenie bezeichnet. Der Begriff Vorbiss wird synonym verwendet, ist aber weniger eindeutig.

Ein Unterbiss ist das Gegenteil eines Überbisses. Während beim Überbiss die oberen Schneidezähne vorstehen, dominiert beim Unterbiss der Unterkiefer. In leichten Fällen bleibt die Fehlstellung oft unbemerkt. Ein starker Vorbiss kann zu deutlichen funktionellen Einschränkungen führen.

Ursachen eines Unterbisses

Die Entstehung eines Vorbisses kann verschiedene Gründe haben. Häufig handelt es sich um eine genetisch bedingte Wachstumsstörung des Kiefers. In vielen Fällen ist der Unterkiefer von Geburt an zu groß oder der Oberkiefer zu klein angelegt. Dadurch entwickelt sich im Lauf des Wachstums eine auffällige Vorverlagerung des Unterkiefers.

Neben der erblichen Veranlagung können auch funktionelle Einflüsse eine Rolle spielen. Wenn etwa die Zunge im Ruhezustand zu tief liegt oder beim Schlucken gegen die oberen Schneidezähne drückt, kann das die Entwicklung des Kiefers beeinträchtigen. Auch frühzeitiger Milchzahnverlust oder eine gestörte Nasenatmung können das Kieferwachstum beeinflussen.

Ein Unterbiss kann sich bereits im Kleinkindalter zeigen. Bei sehr jungen Kindern ist eine gewisse Unregelmäßigkeit im Biss jedoch nicht zwangsläufig besorgniserregend. Erst wenn sich die Abweichung im weiteren Wachstum verstärkt oder bestehen bleibt, sollte eine genauere Abklärung erfolgen.

Symptome und typische Anzeichen

Ein Unterbiss fällt oft durch das veränderte Gesichtsprofil auf. Das Kinn wirkt markant oder überbetont, der Unterkiefer steht deutlich hervor. Im Seitenprofil zeigt sich eine nach vorn verlagerte Unterkieferlinie, die das Gesicht insgesamt asymmetrisch erscheinen lassen kann.

Funktionell kann ein Unterbiss verschiedene Einschränkungen verursachen:

  • Kauprobleme: Die Zähne greifen nicht richtig ineinander, was das Abbeißen und Kauen erschwert.
  • Sprachprobleme: Besonders Laute wie „s“ oder „z“ sind manchmal undeutlich in der Aussprache.
  • Lippenschluss: In manchen Fällen lassen sich die Lippen nicht entspannt schließen.
  • Kiefergelenksbelastung: Eine unnatürliche Bisslage kann zu Verspannungen und Schmerzen führen.

Viele Betroffene empfinden die sichtbaren Merkmale als störend und berichten über ein vermindertes Selbstbewusstsein.

Diagnose in der Zahnarztpraxis

Ein Vorbiss lässt sich durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung, bildgebender Diagnostik und Bissanalyse diagnostizieren. Zunächst erhebt der Zahnarzt oder Kieferorthopäde eine ausführliche Anamnese. Dabei werden die Entwicklung des Kiefers, etwaige Beschwerden und das familiäre Risiko besprochen.

Anschließend folgt die genaue Untersuchung der Bisslage. Der Zahnarzt vermisst die Position der Zähne und dokumentiert diese fotografisch. Röntgenbilder, insbesondere eine Fernröntgenseitenaufnahme (FRS), geben Aufschluss über die Lage und das Verhältnis von Ober- und Unterkiefer.

Wichtig ist, den Unterbiss gegenüber anderen Fehlstellungen wie Kreuzbiss oder Tiefbiss abzugrenzen. Nur mit einer präzisen Diagnose lässt sich ein individueller Behandlungsplan erstellen.

Welche Folgen kann ein Unterbiss haben?

Bleibt ein ausgeprägter Unterbiss unbehandelt, kann das langfristig zu funktionellen und gesundheitlichen Problemen führen. Die fehlerhafte Bisslage belastet die Kiefergelenke dauerhaft und kann zu Verspannungen, Schmerzen oder sogar Arthrose führen.

Durch den ungleichmäßigen Kontakt der Zähne ist das Risiko für Zahnverschleiß und Karies erhöht. Auch Sprachstörungen und Beeinträchtigungen beim Kauen können sich verschlimmern. Nicht zuletzt beeinflusst ein unbehandelter Unterbiss häufig das Selbstwertgefühl, da das Gesichtsprofil als störend empfunden wird.

Unterbiss behandeln: Welche Möglichkeiten gibt es?

Die Behandlung richtet sich nach dem Alter, dem Ausprägungsgrad und der Ursache der Fehlstellung. Bei Kindern und Jugendlichen stehen andere Möglichkeiten zur Verfügung als bei Erwachsenen mit abgeschlossenem Wachstum.

Behandlung im Kindesalter

Ein leichter Unterbiss bei Babys oder Kleinkindern muss nicht sofort Grund zur Sorge sein. In vielen Fällen verwächst sich die Abweichung im Laufe der kindlichen Entwicklung, vor allem wenn der Milchzahnwechsel noch nicht abgeschlossen ist. Dennoch sollten Sie mit Ihrem Kind zum Zahnarzt gehen, um das Kieferwachstum zu beobachten.

Wird der Unterbiss frühzeitig erkannt, lässt er sich oft mit einfachen kieferorthopädischen Mitteln beeinflussen. Dazu gehören:

  • lockere Zahnspangen: Diese Zahnspangen fördern gezielt das Wachstum des Oberkiefers oder hemmen das Vorwachsen des Unterkiefers.
  • Logopädie: Begleitende myofunktionelle Übungen helfen, die Zungenlage zu stabilisieren und das Schluckmuster zu normalisieren.

Je früher die Behandlung beginnt, desto besser lässt sich das Wachstum steuern. Ideal ist der Zeitraum zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr.

Unterbiss korrigieren bei Erwachsenen

Im Erwachsenenalter ist eine reine Korrektur durch Zahnspangen oft nicht ausreichend. Je nach Befund kommen folgende Optionen infrage:

  • Aligner oder feste Zahnspangen: Bei leichten bis mittleren Fällen können sie Zahnstellungen verbessern.
  • Kombinationsbehandlung: Bei skelettalen Ursachen ist oft eine zusätzliche Operation notwendig, bei der der Unter- oder Oberkiefer chirurgisch neu positioniert wird.

Diese Eingriffe erfolgen in enger Zusammenarbeit zwischen Kieferorthopädie und Kieferchirurgie und führen zu funktionell und ästhetisch sehr guten Ergebnissen.

Kosten der Unterbiss-Korrektur

Die Kosten für die Behandlung eines Vorbisses hängen von der Methode, dem Alter des Patienten und dem Schweregrad der Fehlstellung ab. Bei Kindern übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten häufig ganz oder teilweise, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt.

Bei Erwachsenen wird eine Behandlung nur in bestimmten Fällen bezuschusst, wenn beispielsweise eine kieferchirurgische Maßnahme notwendig ist. Vor Beginn der Therapie erhalten Sie einen individuellen Kostenplan.

Dauer, Nachsorge und Behandlungserfolg

Wie lang die Behandlung dauert, hängt von der Methode und vom Ausgangsbefund ab. Bei Kindern nimmt eine kieferorthopädische Therapie mit Zahnspange meist zwei bis drei Jahre in Anspruch. Erwachsene sollten mit einem ähnlichen Zeitraum rechnen, insbesondere bei Kombination mit einer Operation.

Nach der aktiven Behandlung ist eine konsequente Nachsorge wichtig. Retentionsgeräte wie transparente Schienen oder festsitzende Drähte verhindern, dass sich die Zähne wieder verschieben. Regelmäßige Kontrollen sorgen dafür, dass das Ergebnis stabil bleibt.

Wann ist der Gang zum Zahnarzt bei Unterbiss sinnvoll?

Sobald ein Unterbiss zu Schmerzen führt, sich deutlich verstärkt oder Ihre Lebensqualität mindert, sollte er zahnärztlich abgeklärt werden. Eine frühe Diagnose erhöht die Chance auf eine erfolgreiche und schonende Behandlung.

FAQ: Häufige Fragen zum Vorbiss und Unterbiss

Wie sieht eine Unterbiss-Korrektur im Vorher-Nachher-Vergleich aus?

Je nach Schweregrad kann sich das Gesichtsprofil deutlich verändern. Besonders bei chirurgischen Eingriffen oder bei Kindern mit wachstumslenkender Behandlung sind funktional und optisch klare Verbesserungen sichtbar.

Ist Invisalign© bei einem Unterbiss sinnvoll?

Ja, bei leichten bis mittleren Formen kann Invisalign© helfen, die Zahnstellung zu verbessern. Bei ausgeprägten skelettalen Ursachen reicht diese Methode allein jedoch meist nicht aus.

Ist ein Unterbiss schlimm?

Nicht jeder Vorbiss ist behandlungsbedürftig. Wird er jedoch nicht erkannt oder ignoriert, kann er langfristig zu Problemen beim Kauen, Sprechen oder sogar im Kiefergelenk führen.

Ist ein Unterbiss bei Babys normal?

Bei Säuglingen kann ein leichter Unterbiss vorkommen und sich im Laufe des Wachstums zurückbilden. Dennoch ist eine zahnärztliche Kontrolle im Kleinkindalter sinnvoll.

Lohnt sich eine Kiefer-Operation bei Unterbiss?

Wenn der Unterbiss ausgeprägt ist und funktionelle Beschwerden verursacht, kann eine Operation sehr sinnvoll sein. Sie wird in Kombination mit kieferorthopädischer Behandlung durchgeführt und erzielt oft stabile, langfristige Ergebnisse.

Ist ein Vorbiss vererbbar?

Ja, die Tendenz zu einer Vorverlagerung des Unterkiefers kann familiär gehäuft auftreten. Deshalb lohnt sich eine frühzeitige Kontrolle bei Kindern, wenn es familiäre Hinweise gibt.