
- Warum Milchzahn-Karies kein „Kavaliersdelikt“ ist
- Wie entsteht Karies bei Milchzähnen?
- Risikofaktoren für Karies bei Milchzähnen
- Erste Anzeichen von Milchzahn-Karies erkennen
- Karies bei Milchzähnen: Diagnose beim Zahnarzt
- Behandlungsmöglichkeiten von Karies bei Kindern
- Kann ein Milchzahn gezogen werden?
- Vorbeugung: 5-Punkte-Plan gegen Karies bei Milchzähnen
- FAQ zu Milchzahn-Karies
- Praxis-Finder
- Quellen & Leitlinien
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Milchzahn-Karies kann bereits im Kleinkindalter auftreten und unbehandelt zu Schmerzen, Entzündungen und Fehlstellungen der bleibenden Zähne führen.
- Frühkindliche Karies (ECC) entsteht meist durch zuckerhaltige Getränke in Nuckelflaschen und unzureichende Mundhygiene vor dem dritten Lebensjahr.
- Ab dem sechsten Lebensmonat übernehmen Krankenkassen zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen und Beratungen zur Kariesprävention bei Kindern.
- Frühzeitige Zahnpflege mit Fluorid, zuckerarme Ernährung und regelmäßige Kontrollen beim Kinderzahnarzt senken das Risiko für Milchzahn-Karies deutlich.
Karies bei Milchzähnen ist keine harmlose Kinderkrankheit. Sie entsteht oft früher, als viele Eltern erwarten, und bleibt häufig lange unentdeckt. Dabei kann sie starke Schmerzen verursachen, das Sprechen und Kauen beeinträchtigen und die Entwicklung der bleibenden Zähne stören. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig behandelt, drohen Folgeschäden im bleibenden Gebiss.
Umso wichtiger ist es, Milchzahn-Karies früh zu erkennen, richtig zu behandeln und aktiv vorzubeugen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, warum Karies bei Kindern so gefährlich ist, wie sie entsteht und welche Möglichkeiten es zur Behandlung gibt.
Warum Milchzahn-Karies kein „Kavaliersdelikt“ ist
Viele Eltern glauben, dass Karies bei Milchzähnen nicht weiter schlimm ist, da die Zähne ohnehin ausfallen. Doch dieser Irrtum kann ernste Folgen haben. Karies ist eine chronische Erkrankung. Sie verursacht Entzündungen, Schmerzen und führt im schlimmsten Fall zum frühzeitigen Zahnverlust.
Fehlen einzelne Milchzähne zu früh, hat das Einfluss auf die Sprachentwicklung, das Kauen und die Bildung der bleibenden Zähne. Die Zahnreihe gerät aus dem Gleichgewicht, es kommt zu Engständen oder Fehlstellungen. Zudem ist ein kariöser Zahn eine ständige Entzündungsquelle im Körper, mit Folgen für die allgemeine Gesundheit.
„Karies im Milchgebiss ist keine Bagatelle, sondern eine ernst zu nehmende Erkrankung mit hoher Rückfallgefahr und möglichen Langzeitschäden“ (DGKiZ-Leitlinie 2021, Seite 6)
Wie entsteht Karies bei Milchzähnen?
Karies bei Kindern entsteht durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Vor allem Zucker in Lebensmitteln und Getränken spielt eine entscheidende Rolle. Wenn dieser Zucker regelmäßig auf den Zähnen bleibt, verarbeiten ihn bestimmte Bakterien im Mund zu Säure. Diese Säure greift den Zahnschmelz an, die äußere Schutzschicht des Zahns.
Das Besondere bei Milchzähnen: Ihr Zahnschmelz ist viel dünner und weicher als der von bleibenden Zähnen. Deshalb kann sich Karies schneller ausbreiten und in tiefere Schichten vordringen. Schon kleine Defekte können das empfindliche Zahninnere erreichen und starke Schmerzen verursachen. Außerdem verläuft die Erkrankung bei Kindern oft schmerzfrei, bis sie weit fortgeschritten ist.
Biofilm und Zucker: Die Hauptverursacher
Auf den Zähnen bildet sich nach dem Essen ein weicher Belag, der sogenannte Biofilm. In diesem Belag leben viele Bakterien, darunter auch Karieserreger wie Streptococcus mutans. Werden diese nicht regelmäßig entfernt, verwandeln sie Zucker aus der Nahrung in Säure. Besonders problematisch sind zuckerhaltige Getränke oder das Dauernuckeln an der Flasche.
Kinderzähne sind diesen Angriffen besonders ausgeliefert, weil sie seltener gründlich gereinigt werden und weil viele Kinder über den Tag verteilt oft kleine Snacks zu sich nehmen.
Frühkindliche Karies (ECC)
Eine besonders aggressive Form ist die frühkindliche Karies, auch Early Childhood Caries genannt. Sie tritt häufig schon vor dem dritten Geburtstag auf und beginnt oft an den oberen Schneidezähnen. Typisch ist, dass mehrere Zähne gleichzeitig befallen sind.
Auslöser sind meist süße Getränke in der Flasche, fehlende Mundhygiene und zu spätes Einführen des Zähneputzens. Wird diese Kariesform nicht schnell behandelt, schreitet sie rasch fort und führt zu Zahnverlust, oft schon im Kleinkindalter.
Risikofaktoren für Karies bei Milchzähnen
Milchzahn-Karies entwickelt sich nicht zufällig. Bestimmte Faktoren erhöhen das Risiko vor allem in den ersten Lebensjahren deutlich. Dazu zählt in erster Linie der häufige Kontakt mit zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken. Besonders schädlich ist es, wenn Kinder regelmäßig süßen Tee, Fruchtsäfte oder Milch mit Honig aus der Flasche trinken.
Ein weiterer Risikofaktor ist das späte oder unregelmäßige Zähneputzen. Wenn die Mundhygiene erst nach dem zweiten Geburtstag eingeführt wird oder nur gelegentlich erfolgt, bleiben Beläge auf den Zähnen. Das sind ideale Bedingungen für Kariesbakterien.
Auch soziale und familiäre Einflüsse spielen eine Rolle. Kinder aus Familien mit geringerem Gesundheitsbewusstsein oder fehlendem Zugang zur Vorsorge sind häufiger betroffen. Die DGKiZ betont:
„Niedriger sozioökonomischer Status ist einer der stärksten Risikofaktoren für frühkindliche Karies“ (DGKiZ-Leitlinie 2021, Seite 10)
Weitere Risikofaktoren im Überblick:
- Eltern mit unbehandelter Karies: Übertragung durch Speichelkontakt
- fehlende Routine bei Zahnarztbesuchen
- Schnuller oder Löffel werden mit dem Mund der Eltern gereinigt
Erste Anzeichen von Milchzahn-Karies erkennen
Karies bei Milchzähnen beginnt oft unauffällig. Am Anfang zeigen sich kleine weiße oder gelbliche Flecken auf der Zahnoberfläche. Diese sogenannten Kreideflecken sind bereits ein Warnsignal dafür, dass der Zahnschmelz entmineralisiert wird. Eltern bemerken solche Veränderungen meist nur, wenn sie regelmäßig und bewusst die Zähne ihres Kindes kontrollieren.
Im weiteren Verlauf entstehen bräunliche Verfärbungen und kleine Löcher. Spätestens jetzt kann der betroffene Zahn empfindlich auf Süßes oder Kaltes reagieren. Oft bemerken Kinder selbst erst spät Schmerzen. Deshalb ist es wichtig, schon bei den ersten Anzeichen einen Zahnarzt aufzusuchen, um Folgeschäden zu verhindern.
Tipp: Helle Flecken, die nicht verschwinden, sind ein klarer Grund für einen Termin zur Kontrolle.
Karies bei Milchzähnen: Diagnose beim Zahnarzt
Eine sichere Diagnose von Milchzahn-Karies kann nur die Zahnärztin oder der Zahnarzt stellen. Bereits bei der ersten Vorsorgeuntersuchung überprüft die Praxis, ob auf den Milchzähnen bereits Veränderungen sichtbar sind. Dazu wird der Mund gründlich inspiziert, gegebenenfalls auch mit einer speziellen Sonde, um weiche Stellen zu erkennen.
Bei unklaren Befunden oder fortgeschrittener Karies kann zusätzlich ein Röntgenbild nötig sein, insbesondere bei Verdacht auf versteckte Schäden zwischen den Zähnen. Diese Methode ist für Kinder unbedenklich und hilft dabei, auch tiefere Defekte sichtbar zu machen.
Wichtig ist: Je früher Karies erkannt wird, desto schonender kann sie behandelt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde empfiehlt daher eine erste Kontrolle spätestens ab dem 6. Lebensmonat oder nach Durchbruch des ersten Zahns.
„Die zahnärztliche Früherkennung ist der Schlüssel zur Prävention – und zur rechtzeitigen Therapie“ (DGKiZ-Leitlinie 2021, Seite 8)
Behandlungsmöglichkeiten von Karies bei Kindern
Die Behandlung von Karies bei Milchzähnen hängt vom Stadium der Erkrankung ab. Wichtig ist, dass jeder befallene Zahn behandelt wird, selbst wenn er bald ausfallen würde. Denn unbehandelte Karies kann Schmerzen verursachen, zu Abszessen führen oder die Entwicklung des bleibenden Zahns darunter stören.
Je nach Tiefe der Karies kommen unterschiedliche Methoden infrage: Bei oberflächlichen Defekten reicht manchmal eine Versiegelung oder die Anwendung von Fluorid-Lack. Fortgeschrittene Schäden erfordern meist eine Füllung oder sogar eine kleine Kinderkrone. Ziel ist es immer, die Funktion des Zahns zu erhalten und Beschwerden zu vermeiden.
Die Behandlung erfolgt kindgerecht und möglichst schmerzfrei. Viele Zahnarztpraxen sind auf die Bedürfnisse kleiner Patientinnen und Patienten spezialisiert.
Fluorid-Lack & Icon-Infiltration
Wenn Karies noch im Frühstadium ist, kann sie gestoppt werden, ohne dass gebohrt werden muss. Fluorid-Lack stärkt den Zahnschmelz und verhindert das Fortschreiten der Erkrankung. Bei bestimmten Fällen lässt sich die sogenannte „Icon-Infiltration“ anwenden. Dabei wird die beginnende Karies mit einem speziellen Kunststoff versiegelt.
Diese Methoden sind besonders schonend und eignen sich gut für sehr junge Kinder mit ersten Läsionen.
Füllungen (Komposit / Glasionomer)
Ist das Loch schon tiefer, muss die erkrankte Zahnsubstanz entfernt und ersetzt werden. Für Milchzähne eignen sich Füllmaterialien wie Komposit (zahnfarbener Kunststoff) oder Glasionomerzement. Letzterer setzt zusätzlich Fluorid frei und bietet so einen gewissen Schutz gegen neue Karies.
Welche Füllung verwendet wird, hängt vom Alter des Kindes, der Lage des Zahns und den individuellen Umständen ab.
Stahlkrone und Platzhalter
Wenn ein Milchzahn stark zerstört ist, reicht eine Füllung nicht mehr aus. In solchen Fällen wird häufig eine sogenannte Kinderkrone aus Stahl eingesetzt. Sie schützt den Zahn dauerhaft und hält der Belastung beim Kauen stand.
Muss ein Milchzahn vorzeitig gezogen werden, kann ein Platzhalter nötig sein. Er sorgt dafür, dass die Lücke offen bleibt, bis der bleibende Zahn nachkommt. Dieser Eingriff verhindert so spätere Zahnfehlstellungen.
Kann ein Milchzahn gezogen werden?
In bestimmten Fällen muss ein kariöser Milchzahn entfernt werden, etwa wenn die Entzündung bereits den Nerv des Zahnes erreicht hat oder der Zahn nicht mehr erhalten werden kann. Auch wenn das Kind starke Beschwerden hat und keine andere Behandlung möglich ist, kann das Ziehen notwendig sein.
Ein frühzeitiger Zahnverlust hat jedoch Folgen. Die Lücke kann sich verschieben oder von Nachbarzähnen blockiert werden. Dadurch fehlt später der Platz für den bleibenden Zahn. Um das zu verhindern, wird oft ein Platzhalter eingesetzt, der die entstandene Lücke offenhält.
Die Entscheidung für das Entfernen eines Milchzahns wird immer individuell nach Abwägung aller Risiken und unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes des Gebisses getroffen.
Vorbeugung: 5-Punkte-Plan gegen Karies bei Milchzähnen
Milchzahn-Karies lässt sich in vielen Fällen vermeiden. Entscheidend ist, dass Eltern früh auf die Zahngesundheit achten und Risiken gezielt vermeiden. Ein strukturierter Plan, angepasst an das Alter und die Entwicklung des Kindes, hilft dabei, die wichtigsten Maßnahmen im Alltag umzusetzen.
1. Zucker reduzieren: Süße Getränke und Snacks sollten möglichst selten auf dem Speiseplan stehen. Wasser ist der beste Durstlöscher.
2.keine Nuckelflasche zum Einschlafen: Die Kombination aus süßer Flüssigkeit und fehlendem Schlucken im Schlaf fördert die Entstehung von Karies.
3. früh mit der Zahnpflege beginnen: Ab dem ersten Zahn sollte täglich geputzt werden. Eine geeignete Kinderzahnpasta mit Fluorid ist wichtig.
4. regelmäßige Zahnarztbesuche: Spätestens mit dem ersten Geburtstag sollten die Kontrolltermine beginnen. Zweimal im Jahr ist ein Zahnarztbesuch ideal.
5. Eigenverantwortung fördern: Kinder ab dem Vorschulalter sollten beim Zähneputzen mithelfen. Eltern kontrollieren am besten nach.
„Die Prävention beginnt mit dem Durchbruch des ersten Zahns – nicht erst im Schulalter“ (DGKiZ-Leitlinie 2021, Seite 7)
FAQ zu Milchzahn-Karies
Wie gefährlich ist es, wenn Milchzahn-Karies unbehandelt bleibt?
Unbehandelte Karies im Milchzahn kann sich schnell ausbreiten, Schmerzen verursachen und zu Entzündungen bis in den Kiefer führen. In schweren Fällen entsteht ein Abszess. Außerdem steigt das Risiko, dass die bleibenden Zähne geschädigt werden oder sich schief entwickeln.
Können sich Kariesbakterien von Eltern auf Kinder übertragen?
Ja, vor allem durch Speichelkontakt. Wenn Eltern den Schnuller ablecken oder den Löffel des Kindes mitbenutzen, können Kariesbakterien weitergegeben werden. Besonders im ersten Lebensjahr ist die Mundflora des Kindes noch nicht stabil und dadurch anfälliger.
Wie erkenne ich, ob eine Füllung im Milchzahn nötig war?
Die Entscheidung für eine Füllung trifft die Zahnärztin oder der Zahnarzt je nach Tiefe und Ausbreitung der Karies. Sichtbare Löcher oder dunkle Verfärbungen sind Hinweise auf einen behandlungsbedürftigen Schaden. Eine Füllung schützt den Zahn, bis er auf natürliche Weise ausfällt.
Wann beginnt die Krankenkasse mit der Kariesvorsorge bei Kindern?
Ab dem sechsten Lebensmonat haben Kinder Anspruch auf zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen unter anderem Beratungen zur Fluoridanwendung, regelmäßige Kontrollen sowie bestimmte Leistungen bei der Prophylaxe je nach Alter.
Wie finde ich eine kindgerechte Zahnarztpraxis?
Kinderfreundliche Zahnarztpraxen sind meist auf ihrer Website entsprechend gekennzeichnet. Auch Kinderärzte geben oft Empfehlungen.
Praxis-Finder
Wenn der Verdacht auf Karies im Milchzahn besteht oder Unsicherheit herrscht, sollte zeitnah ein Zahnarzttermin vereinbart werden. Viele Praxen sind auf Kinderbehandlung spezialisiert und gehen besonders einfühlsam auf junge Patientinnen und Patienten ein.
Nutzen Sie unsere Zahnarztsuche, um eine kindgerechte Praxis in Ihrer Nähe zu finden. Mit einem Klick können Sie direkt online einen Termin vereinbaren.
Quellen & Leitlinien
Alle fachlichen Inhalte dieses Artikels basieren auf aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) und der wissenschaftlichen S2k-Leitlinie zur Kariesprävention im Milchgebiss.
- DGKiZ (2021): S2k-Leitlinie „Frühkindliche Karies: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie“. AWMF-Registernummer 083-043
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Empfehlungen zur Mundgesundheit bei Kindern
- Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV): Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder